Übungsleiterkurs Hochtour

Übungsleiter, Ehrenamt, Touren führen – kann ich das, will ich das? Ich mach das! Die Entscheidung ist schon letzten Herbst gefallen und so sitzte ich am 3.7.2016 um 10 Uhr in einem Hotel im oberen Pitztal. 8 unbekannte Personen, 2 unbekannte Führer , Sabrina und ich.

Tag 1:

Eine kurze Besprechung, was den Ablauf betrifft, was unseren Ausbildern wichtig ist, was uns die kommenden Tage inhaltlich erwarten wird. Ein “strenger Michl” ist er, unser Ausbilder, gerade und ehrlich, sagt er. Sämtliche Bedenken unbegründet: der Zangerl Stefan ist wirklich gerade und ehrlich, sagt auch sofort und deutlich wenn er mit der Leistung unzufrieden ist, aber er ist ein netter Typ, der seine Kritik so anbringt, dass sie gut zu verkraften ist. Ehe wir uns versehen befinden wir uns auf dem Panoramaweg, unserem Zustieg zum Taschachhaus. Schon nach wenigen Minuten geht es los mit Inhalten. Orientierung und Kartenkunde, angepasstes Tempo, Routenwahl. Von Anfang an befinden wir uns mal mehr, mal weniger in der Führungsposition. Ungewohnt, wenn einem auf die Finger geschaut wird, aber das vergeht. Zumindest fast.

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Taleinwärts über den Panoramaweg zum Taschachhaus © Stefan Zangerl

Tag 2:

Unser erster, wirklicher Kurstag. Wir begeben uns in Richtung Taschachferner und beginnen mit unseren ersten Übungen. Bevor wir uns damit auseinanersetzen, wie man sich auf Schneefeldern bewegt, wird noch eine kurze Materialkunde eingebaut. Pickel, Steigeisen, Gurt und alles was dazu gehört. Dann die Praxis: Spuranlage, Bremsen auf Schneefeldern, Steigeisentechnik, Stufenschlagen und bewegen in steilerem Eis, Standplatzbau, Abseilen an Eissanduhren und Rettungstechnik bei Spaltenstürzen. Am Abend dann noch Theorie zu Standplatzbau und Haltekräften von Eisschrauben sowie Tourenplanung und GPS. Wenn ich mir jetzt die letzten Zeilen ansehe, dann schreibt sich das so runter. Klar, hab ich schonmal einen Stand gebaut, bin auf Gletschern gegangen, hatte Steigeisen an und kann auf Schneefeldern bremsen. Das Problem ist, dass ich als Autodidakt nie wirklich gelernt habe etwas mit System zu machen und auf die Details zu achten, sei es nun beim Gehen mit Steigeisen oder beim Seilhandling. Es war also auch bei den einfachsten Dingen so, dass ich mir wertvolle Tricks abschauen und aneignen konnte. Summa summarum doch irgendwie anstrengend.

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Aufstehn, abklopfen, weitermachen.© Stefan Zangerl

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Eckenstein, Eckenstein, alles muss versteckt sein. In dem Fall waren dann doch nur die Frontzacken versteckt. © Stefan Zangerl

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Harry und Günther bauen eine Himmelsleiter. © Stefan Zangerl

Tag 3:

Am Abend zuvor der Arbeitsauftrag: Morgen passt das Wetter, wir gehen die Südliche Sexegertenspitze. Mehr brauchte es nicht und meine Gruppe machte sich an die Planung der Tour. Distanz, Höhenmeter, Wetter – wann starten wir, wie gehen wir, was erwartet uns? Romed übernimmt die Führung und bringt uns am nächsten Tag zum Sexegertenferner. Wir müssen einen leichten Klettersteig überwinden, natürlich vor dem Hintergrund einer geführten Gruppe. Wir lernen also wie man die Situation auch ohne Klettersteigset lösen kann und gehen gesichert über einen Steig, den jeder von uns normal frei begangen hätte. Am Gletscher dann Führungswechsel. Günther übernimmt die Führung und bringt uns mit einer traumhaften Spuranlage vorbei an Steilstufen und Spalten zur Südlichen Sexegertenspitze. Unterwegs wird sehr deutlich, dass Lawinen auch im Sommer ein Thema sein können. Zudem wird keine Gelegenheit ausgelassen um zu üben. Meine große Klappe und ein schwarzes Loch im Boden wird mir so zum Verhängnis. Mehr oder weniger freiwillig bin ich also das Opfer eines simulierten Spaltensturzes geworden. Definitiv gewöhnungsbedürftig! Im Abstieg dann exzessives Üben von Münchhausen und loser Rolle an eben jenem Loch.

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Stufenbauer Günther in seinem Element! © Stefan Zangerl

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Südliche Sexegertenspitze © Stefan Zangerl

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Man munkelt, die mit den Künstlerhänden unter uns hätten Blasen von der harten Arbeit bekommen. © Stefan Zangerl

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Da ist das Ding! © Stefan Zangerl

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Baron von Münchhausen, Harry. © Stefan Zangerl

Tag 4:

Der vierte Tag beschert uns das schlechteste Wetter der Woche, wäre aber alle Mal brauchbar gewesen. Trotzdem stehen wir etwas später auf und widmen uns im Hörsaal erstmal der Wetterkunde, welche in kleinen Teams erarbeitet und von unseren Ausbilder ergänzt wird. Nach diesem Theorieblock geht es an die frische Luft: Standplatzbau im Fels. Mobile Sicherungsmittel, Ausgleich, Normalhaken und aktuelle Lehrmeinungen stehen jetzt im Mittelpunkt. Bei manch einem werden archaische Meinungen mit gängigen Sicherungstechniken ausgetauscht und durch intensives üben verfestigt. Romed wird zum Kind und bewirbt sich indirekt bei der AV-Sicherheitsforschung. Kein Stand, kein Haken, kein Keil ist sicher vor seinen Auszugtests und der Rest der Mannschaft hat vor Lachen Tränen in den Augen. Zum Glück hält fast alles, das gibt vertrauen. Nachmittags dann nocheinmal Theorie. Recht und Haftung, für meine Begriffe eher trockene Materie, deren Wichtigkeit dann doch sehr schnell, sehr deutlich klar wird. An Beispielen aufbereitet ist es dann schon fast ein kurzweiliges Vergnügen. Im Anschluss daran widmen wir uns in der hütteneigenen Kletterhalle nocheinmal der Seiltechnik.

Tag 5:

Aus meiner Sicht der schönste Tag. Um 5 Uhr starten wir zur Petersenspitze, die wir über ihre Nordwand ersteigen wollen. Wir folgen ersteinmal dem Weg zum Taschachferner um dann über eine Rinne und eine Blankeistelle auf ein kleines Plateau unterhalb der Wand zu gelangen. Zwei Längen sichern wir im Blankeis, bevor wir die flachere Passage unter der Wand erreichen. Westalpencharakter stand in der Beschreibung, schön war es definitiv! Unter der Wand dann eine kleine Pause. Sortieren und durchschnaufen, bevor wir in zwei Seilschaften getrennt die Wand hochstapfen. Als Führer und Geführte, versteht sich. In 5 Längen geht es durch die maximal 50° steile Wand. Günther führt Romed und mich, Katja und Harry klettern überschlagend. Das Wetter könnte nicht besser sein, ein großartiger Abschluss für diesen Kurs. Am Gipfel täuscht Harry dann noch einen Schwächeanfall vor und wir schleifen ihn im Biwaksack gefesselt gen Tal. Nach 50 Höhenmetern und einer kurzen aber sehr effektiven, intensivmedizinischen Betreuung durch Dr. Romed kommt Harry dann aber doch wieder auf die Füße -wenn auch wackelig- und wir bringen den Hatscher zurück zum Taschachhaus hinter uns.

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Stufen bringen uns Schritt für Schritt höher. © Stefan Zangerl

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Unterwegs im Blankeis. © Stefan Zangerl

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Ein Traum. 6 Tage – fast durchgehend bestes Wetter © Stefan Zangerl

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Ein Privileg, dort sein zu dürfen. © Stefan Zangerl

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…und am Mond waren wir auch. © Stefan Zangerl

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Unterwegs in der Petersenspitze Nordwand © Stefan Zangerl

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Letzter Stand in der Wand. © Stefan Zangerl

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Günther im Endspurt.© Stefan Zangerl

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Am Gipfel – Günther sichert uns die letzten Meter. © Stefan Zangerl

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Aus 5 unbekannten Gesichter wurden bekannte Gesichter…vielleicht auch mehr? Wir sehen uns bestimmt wieder! Danke an die Gruppe! © Stefan Zangerl

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Ausgerechnet der Ultraläufer kippt uns aus den Latschen.© Stefan Zangerl

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Oral verabreichte Medizin bringt unseren Harry wieder auf die Beine! © Stefan Zangerl

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Ein langer Rückweg, zum Teil im Sumpf. Wäh! © Stefan Zangerl

Tag 6:

Am letzten Tag befassen wir uns nocheinmal mit Karte und Navigation und Stefan zeigt uns die letzten Tricks zum Thema Seiltechnik. Gemeinsam steigen wir zur Zeugnisvergabe ins Tal ab.

Fazit:

Rückblickend eine gewaltig schöne Woche in der ich viel gelernt habe und viele nette Menschen kennenlernen durfte. Ich kann euch aus meiner Sicht den Kurs auf jeden Fall empfehlen, unsere Bergführer – so ihr sie denn brauchen solltet – ebenso!

Danke an meine Gruppe: Katja, Harry, Günther, Romed und ganz besonders unserem Chef Stefan.

 

Hymne der Woche:

“In einer Gletscherspalte,
Da fand ich meine Alte,
Sie war eiskalt.
Sie hielt den Pickel in der Hand,
Worauf geschrieben stand,
Mit diesem verflixten Instrument
Fand ich mein End.
Sie hielt den Pickel in der Hand,
Worauf geschrieben stand,
Mit diesem verflixten Instrument
Fand ich mein End.”

12 Kommentare

  1. Dani
    11. Juli 2016

    Ach noch so ein Autodidakt! Gratuliere! Und bei welcher Sektion dürften wir dir dann als Teilnehmer auf den Geist gehen? :P

    Reply
    • Carsten Becker
      11. Juli 2016

      sektion gebirgsverein, halt euch auf dem laufenden ;)

      Reply
  2. Fabi
    11. Juli 2016

    Hi Casi,
    das hört sich wirklich nach einer schönen Woche an. Glückwunsch zum Übungsleiter-Zeugnis!

    Fabi

    Reply
  3. Erika
    11. Juli 2016

    Mensch Casi, das Schreiben geht immer noch saugut! Tiptop und Gratulation zum “Zeugnis” :) Dann kannst mich ja ab sofort fachmännisch führen – nicht mehr so larifari wie sonst immer…

    LG!

    Erika

    Reply
    • Sabrina
      15. Juli 2016

      Stimmt – beim Casi musste man sich ja wirklich immer Sorgen machen mit der Führung! :) Und vor allem, weil er immer so unfachmännisch Steigeisen in der Nordwand anderen Leuten angezogen hat….

      Ach schön, wenn endlich alles gut wird! :)

      Liebste Grüße an meine Lieblingsmenschen!

      Reply
  4. Giner Romed
    11. Juli 2016

    Lieber Casi

    Vielen Dank für den tollen Bericht

    LG Romed

    Reply
  5. Oskar Pavelka
    10. Juli 2016

    Servus Casi, toller Bericht! Gratuliere zu dieser tollen tour.

    Reply
  6. Harald Hübner
    10. Juli 2016

    Spitze, Casi! Tolle Zeilen!
    Danke für diese Woche, wir sehen uns wieder;-)

    Schöne Grüße, Harry

    Reply
  7. Sabrina
    10. Juli 2016

    Lieber Casi, sensationell wie immer!!! Und super Bildmaterial!!!

    Bis bald, Sabrina

    Reply
  8. KatJa Schäfer
    10. Juli 2016

    Sensationell, Casi! Vielen Dank für die gelungenen Zeilen über die gelungene Woche!
    Alles Liebe
    Kati

    Reply
  9. Stefan Zangerl
    9. Juli 2016

    Gratulation zum gelungenen und geistreichen Bericht! ;)

    Liebe Grüße
    Stefan

    Reply
    • Carsten Becker
      9. Juli 2016

      war ja nicht anders zu erwarten ;)

      Reply

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