Weitblick am Pollatinden (541 m)
Anfangs haben mich die skandinavischen „Fjell“, wie die Berge hier heißen, wenig vom Hocker gerissen. Sie sind viel weniger steil und alpin als die Berge, die ich von zu Hause kenne. Zudem ist die Vegetation sehr spärlich und beschränkt sich auf ein paar Flechten, Moose und Gräser. Aber immer mehr gewöhne ich mich daran und mag es, über die Steinblöcke und Moore zu steigen um dann am Gipfel die Sicht auf das Meer zu genießen.
An diesem Wochenende geht es nach Solund, unser Ziel und Unterkunft für die nächsten 2 Tage ist Råkeneset, die westlichste Hütte vom norwegischen Alpenverein „DNT“ (den norske turistforeningen). Die Hütte liegt ca. 3 Stunden nördlich von Bergen und kann von dort aus mit dem Boot erreicht werden (anschließend Bus und Fußmarsch), oder mit dem Auto und Fähre. Im Gegensatz zu den normalen DNT-Hütten liegt Råkeneset an der Küste, direkt am Meer und von zahlreichen Inseln umgeben. Außerdem ist Råkeneset besonders, weil sie nicht extra für den DNT gebaut worden ist, sondern vom Verein übernommen und bis 1960 sogar noch bewohnt wurde. Quasi eine Almhütte, halt am Meer. Und genau das macht Råkeneset so bezaubernd. Es gibt keinen Strom, kein fließend Wasser, bei der Einrichtung und dem Geschirr geht zumindest mir das Herz auf.
Wir haben das Glück Kajaks zu haben und können so die Gegend zu Wasser aber auch zu Fuß erkunden. Ich entschließe mich zusammen mit Maria und Olli für eine Tour zum Pollatinden (541 m), dem dritten höchsten Punkt in Solund. Die Route beginnt auf Meeresniveau und führt über einen 2,3 km langen Steig (oft sind Hände und Füße gefragt) zum Gipfel hinauf. Da die Tage kurz sind, bemühen wir uns die Tour zügig zu machen und brauchen ca. 2 Stunden für den Aufstieg. Immer wieder bleibe ich stehen und genieße die prächtigen Herbstfarben der Gräsern. Am Gipfel weht, wie so oft entlang der Küste, ein ziemlich frischer Wind und wir suchen Schutz hinter dem Steinmann. Ich lasse das Meer, die Inseln, die karge Landschaft rundherum auf mich einwirken und befinde, dass ich es wirklich schön finde hier. Dass ich nirgendwo anders gerade sein möchte.
Beim Abstieg folgen wir demselben Weg, verlieren aber immer wieder die Markierung aus den Augen, allerdings können wir das Auto sehen und steuern darauf zu.
Am besten in Norwegen gefällt mir die Geselligkeit und Gemütlichkeit. Wir lassen unsere Tour in der Hütte ausklingen, das Holz knackt im Ofen und mit Hilfe der Stirnlampen, schaffe ich sogar ein paar Runden bei meiner Häkeldecke.