Über den Watzmann (2713m)

Veröffentlicht von am Jun 16, 2014 in Berchtesgadener Alpen, Bergtouren | 8 Kommentare
Über den Watzmann (2713m)

Ich bin aus der Versenkung zurück! Manchmal hat man das ja, dass man etwas aus den Augen verliert und dafür nicht so wirklich Motivation aufbringen kann. Umso schöner ist es, wenn alles im Kopf zurück am richtigen Platz ist, man wieder loslegen kann und sofort spürt, was man vermisst hat, sofort spürt wie gut Bergsteigen eigentlich ist. Meine erste Bergtour seit Ende März – ja, mir kommt das jetzt auch sehr lange vor – führt mich auf bzw. über einen meiner Lieblingsberge, den Watzmann. Lieblingsberg, weil er einfach ein Koloss ist, welcher trotz des strapazierten Postkartenmotivs, in Sachen Ästhetik locker mit den schönsten Bergen der Welt konkurrieren kann und weil ich dort Touren gemacht habe, welche ich noch gut in Erinnerung habe und welche von einer gewissen zeitlichen Distanz aus gesehen auch als schön zu bezeichnen sind. Damals anstrengend und mühsam, heute schön.

Die Überschreitung startet am Parkplatz Wimbachbrücke und führt dann über die Stubenalm und die Mitterkaser-Alm zum Watzmannhaus auf 1930m. Das Watzmannhaus ist der klassische Stützpunkt für die Überschreitung und wunderschön über Berchtesgaden gelegen. Wenn man sich nicht sicher ist, ob man die 2400 hm und die 23km an einem Tag schafft, empfiehlt sich eine Übernachtung, denn für den Abstieg sollte man noch etwas Reserven haben. Der Sonnenuntergang ist diesen Zwischenstop auf alle Fälle wert.

Watzmannfrau

Das erste lohnende Motiv am Weg zum Watzmannhaus. Die Watzmannfrau.

Watzmannhaus

Frisch renoviert, das Watzmannhaus (1930m).

Es muss nicht unbedingt die Überschreitung sein, auch der Aufstieg zum Hocheck (2651m) ist schon sehr lohnend. Zuerst folgt man einem ausgetretenen Steig, welcher mehr und mehr in wegloses aber gut markiertes Gelände übergeht. Nach einer schönen Querung unter dem Gipfel ist das Hocheck schon bald in Sichtweite. Am Gipfel wartet schon der gekreuzigte Jesus auf die Gipfelstürmer. Weil eine Kreuzigung alleine noch nicht ausreichend Leid bedeutet, wird der Arme dort oben noch von Blitzen maltretiert bis das Gold von ihm abplatzt. Bei soviel Leid an einem Ort bekomme ich ein schlechtes Gewissen und entscheide mich nach kurzer Rast und Begutachtung der Verhältnisse für den Weiterweg. Leiden muss sein.

Hocheck

Gleich am Gipfel #1. Das Hocheck.

Messias

Obs am Golgota schöner war? Man weiß es nicht…

Mittelspitze

Der Weiterweg ab dem Hocheck. Hier fangen die Schwierigkeiten langsam an.

Eigentlich hätte ich mich ja auch mit dem Hocheck zufrieden gegeben, da die Webcambilder auf viel Schnee schließen haben lassen und ich nicht recht an eine Überschreitung glauben wollte. Irgendwie sind Pickel und Steigeisen – für den Fall der Fälle – in den Rucksack gerutscht und so ausgerüstet hat mich dann der Schnee auch nicht von der Überschreitung abhalten können. Letzten Endes waren die Verhältnisse aber ganz brauchbar und Steigeisen und Pickel waren nicht nötig, da der Schnee schon recht weich war. Wer sich in steilen Schneefeldern unsicher ist, sollte vielleicht noch etwas warten und die Überschreitung erst angehen, wenn der Grat schneefrei ist. Der Grat vom Hocheck zur Mittelspitze (2713m) ist relativ einfach und besteht zum größten Teil aus Gehgelände. Die Hauptschwierigkeiten der Überschreitung sind zwischen Mittel- und Südspitze (2712m). Hier findet man dann auch mehr versicherte Passagen. Die Überschreitung ist kein Klettersteig, die vorhandenen Versicherungen sind meist schon älter und nicht immer zu 100% fix im Fels verankert. Die letzten Meter zur Südspitze merke ich dann schon, dass ich ein paar Meter in den Beinen hab  – ok, ich war kurz mal kräftig am Arsch –  und mache 10 Minuten unter dem Gipfel noch eine ausgedehnte Pause und versuche meine Speicher zu füllen, denn der Abstieg hat es nocheinmal in sich.

Mittelspitze

Der höchste Punkt am Watzmann. Die Mittelspitze (2713m)

Hocheck

Ein Blick zurück, das Hocheck und der Untersberg.

Schneefeld

Mitunter garnicht so easy…Hochtourenfeeling am Watzmanngrat.

Mittelspitze

Die Mittelspitze von Süden aus.

Watzmann Ostwand

Ein Blick in die Ostwand. Unten St. Bartholomä.

Am dritten und letzten Gipfel treffe ich dann auf 4 junge Burschen und mache mich, nach einer kleinen Fotopause, mit ihnen zusammen an den spaßigen Abstieg. An dieser Stelle liebe Grüße nach Stuttgart, Fürstenfeldbruck und Burghausen, es war mir ein Volksfest.

Den Abstieg habe ich vom letzten Mal als extrem anstrengend in Erinnerung! Der Schnee, der noch in der Flanke liegt macht das ganze allerdings sehr erträglich und wir rutschen die Hälfte des Abstiegs bis zum Talboden einfach auf dem Hintern ab. Grandios, hätten wir Schnee und Eis nicht überall dort, wo es eigentlich nicht hin gehört. Weiter unten, wo der Schnee dann schon geschmolzen ist, wird das Ganze doch nochmal unangenehm. Man merkt schon deutlich, dass die gemeldeten hohen Temperaturen erreicht wurden, das Wasser langsam knapp wird und Schotter auf felsigem Untergrund nicht wirklich schön zu gehen ist. Summa sumarum bin ich dann doch ziemlich platt und freu mich auf den Talboden. Kurz vor dem Talboden finden wir noch einen kleinen Wasserfall mit einer Gumpe. Abkühlung und Flüssigkeit ist alles was wir in diesem Moment brauchen. Das lässt und die letzte Stunde zur Wimbachgrieshütte noch relativ locker bewältigen. Die Gulaschsuppe und die Spezimass sind nach dieser Tour ein Gedicht (ich bin mir sicher es hätte auch ohne Anstrengung gut geschmeckt). Die restliche Strecke ist ein unschwieriger, aber langer Hatscher zurück zum Auto.

Wimbachgrieß

Hinab ins Wimbachgrieß

Abfahrt

Schnee is schee!

Abstieg

Fast am Talboden, jetzt schleunigst zur Wimbachgrießhütte…

Wimbachgrieß

…durch trockenes Land….

DSC_0465 copy

…vorbei an totem, trockenem Holz…

Wimbachgrießhütte

…dann doch irgendwie zur Spezi-Mass. :)

 

 

Das nächste Mal Watzmann ist für dieses Jahr schon in Planung!

8 Kommentare

  1. Rebecca
    18. Juni 2014

    Hey, genau das Motiv von der Falzalm vor der Watzmannfrau habe ich letzte Woche auch geschossen! Allerdings im Abstieg vom Falzsteig zurück nach Hammerstiel… Wenn ich die kommenden Wochenenden noch nichts vorhätte, würde ich die Überschreitung auch angehen; ist jetzt sicher viel toller als im Hochsommer im “Stau” zu stehen. Meinen Pickel hätte ich bei der Querung allerdings schon ausgepackt :)

    Gruß aus Freising

    Rebecca

    Reply
  2. Fabi
    17. Juni 2014

    schöne Beschreibung der Tour, wow.

    Reply
  3. Erika
    17. Juni 2014

    Coole Bilder, schöner Text, geniiaaale Tour! Zwar waren die vergangenen Tage in den Pyrenäen schon einigermaßen alpin, aber mit “unseren” Alpen kann einfach nix mithalten. Oh, und by the way: Ostwand will ich fai mit!

    Grüße aus Rodellar!

    Erika
    ulligunde.com

    Reply
    • Carsten Becker
      17. Juni 2014

      aber nur wennst nicht wieder frech bist. oder ich such mir einfach was zu essen aus, das besser mit gummibärchen zampasst.

      Reply
  4. Sabrina
    17. Juni 2014

    Hi Casi,

    wenn wir dann aus Kirgistan zurück kommen, dann starten wir in die Ostwand gemeinsam! Wäre cool!

    LG Sabrina

    Reply
    • Carsten Becker
      17. Juni 2014

      wäre cool? wird cool!

      Reply
  5. Dani
    17. Juni 2014

    Nächstes Mal Ostwand, oder? ;)

    Reply
    • Carsten Becker
      17. Juni 2014

      Sieht wohl so aus ;)

      Reply

Hinterlasse eine Antwort


7 × = sieben