“Mir war es wichtig, aus dem alpinen Wettlauf auszubrechen”

Veröffentlicht von am Mrz 10, 2014 in Interviews | 7 Kommentare
“Mir war es wichtig, aus dem alpinen Wettlauf auszubrechen”

Hans Kammerlander gilt als einer der ersten Menschen, dem es gelungen ist, alle zweithöchsten und selektiveren Berge der Kontinente besteigen zu können – die sogenannten “Seven Second Summits”. Am 5. April 2014 zeigt er seine Impressionen dieser Unternehmung im Rahmen der Vortragsreihe “Alles Leinwand” im Audimax der Universität Wien. Annlässlich seines Besuchs haben wir angerufen und nachgefragt, was ihn als leidenschaftlichen und Berufsbergsteiger bewegt.

Hochtourist: Herr Kammerlander, wenn man in diesen Tag Ihren Namen in einer Suchmaschine eingibt, dann wirft diese vorwiegend Informationen über Ihren schrecklichen Autounfall vergangenen November aus. Wie geht es Ihnen heute?

Hans Kammerlander: Für mich ist die ganze Gesichte sehr bedauerlich – im Winter überhaupt. Der verletzte Schienbeinkopf wird erst im Frühsommer ausgeheilt sein und deswegen kann ich im Moment den schneereichen Winter weder auf Skiern noch mit Steigeisen auf den Füßen genießen. Wenn das vorbei ist, kann ich meinen Weg auf die Matterhörner der Welt für mein aktuelles Projekt fortsetzen. Dabei fehlt mir noch das Matterhorn im russischen Kaukasus. Eventuell fahre ich auch noch nach Peru. Aber vorerst brauche ich noch Zeit zu regenerieren und diese Zeit nehme ich mir auch.

Am 5. April 2014 zeigen Sie Ihren aktuellen Vortrag „Seven Second Summits“ im Rahmen der Vortragsreihe Alles Leinwand im Audimax der Universität Wien. Auf welche Reise werden Sie uns dieses Mal mitnehmen?

Hans Kammerlander: Die Idee für die Besteigung der „Seven Second Summits“, also der zweithöchsten Gipfel jedes Kontinents, hatte ich schon vor etwas längerer Zeit. Mir war es wichtig, noch mehr aus diesem alpinen Wettlauf um die hohen Berge der Welt auszubrechen. Während meiner Expeditionen im Himalaya wurde das Verlangen nach anderen Kulturen und exotischeren Gegenden größer und damit haben sich schlicht und ergreifend diese Gipfel, auf jeden Kontinent einer, angeboten. Die Höchsten jedes Kontinents, die „Seven Summits“, waren für mich von vornherein nicht reizvoll, weil es mir dort zum Teil zu hektisch geworden ist. Daraus resultierte die Idee. Im Urwald beispielsweise, war ich noch nie zuvor. Ich hatte überhaupt keine Erfahrungswerte. Die musste ich mir erst aneignen. Außerdem ergibt das Ganze auch alpinistisch gesehen eine spannende Perspektive, weil sich ja auch der K2 als zweithöchster Gipfel Asiens in die Berge dieses Projektes einreiht. Des Weiteren sind die „Seven Second Summits“ wesentlich einsamer als die großen Brüder und daraus ist eine abwechslungsreiche Reise mit vielen bunten Geschichten entstanden.  Es stehen nicht die steilen Wände und die alpinistischen Leistung im Vordergrund, sondern die unterschiedlichen Landschaften. Und davon zu erzählen bereitet mir Freude,  weil ich denke, dass der Berg- und Naturfreund diesen Wegen auch folgen kann.

(c) Archiv Hans Kammerlander

Am Mount Kenia. Foto (c) Archiv Hans Kammerlander

Gibt es trotz aller positiven Erfahrungen an den „Seven Second Summits“  auch ein wenig Wehmut, dass die Besteigung der „Seven Summits“ nun bereits als Pauschalreise in Katalogen für jedermann buchbar geworden ist?

Hans Kammerlander: Ja, leider Gottes ist auf einigen der ganz hohen und vor allem auch leichteren Berge inzwischen ein extremer Rummel. Diese Berge sind längst zur Katalogware geworden. Wenn man schon alleine bedenkt, was sich zur Hauptsaison am Everest abspielt, dann finde ich das nicht mehr schön. Um nichts in der Welt würde ich da hingehen wollen. Da muss man sich heute von hunderten von Alpinisten ja fast schon herumstressen lassen. Dort ist das nicht mehr so, wie es einmal war. Klar kann ich das verstehen: Es gibt immer Leute, die den Traum haben die hohen Berge der Welt zu besteigen und dadurch, dass sich heutzutage im Vorfeld schon viel organisieren lässt, ist es für Viele möglich geworden, eine Besteigung überhaupt in Erwägung zu ziehen. Das führt dann dazu, dass Viele, die sich an den Bergen probieren, den Anforderungen nicht gewachsen sind und damit ist das Chaos perfekt.

Würden Sie einem Bergsteiger die „Seven Second Summits“ als Gipfelziele empfehlen – dort, wo man noch Ursprünglichkeit erfahren kann?

Hans Kammerlander: Nein, das würde ich nicht unbedingt empfehlen. Wenn das jemand anpeilt, dann muss er schon einen wirklich steilen alpinistischen Weg gegangen sein, sonst hat er keine Chance. Alleine der K2 ist ein sehr heißes Eisen und eine erfolgreiche Besteigung verlangt viel von einem ab – sehr viel. Ich würde den Bergfreunden empfehlen, die Kontinente zu bereisen, die Schönheit der Landschaft zu genießen und sich dort jeweils ein schönes und machbares Ziel zu setzen ohne sich dabei auf die höchsten, zweit-, dritt- oder gar vierthöchsten Berge zu konzentrieren. Somit kann sich jeder einen, „seinen“ Berg suchen, so wie er auch die Schuhnummer wählt. In erster Linie sollte meiner Meinung nach, das Erleben der Natur im Vordergrund stehen und nicht die Anpassung der eigenen Bedürfnisse an eine Schablone. So war das bei mir der Fall. Am Anfang habe ich das unterschätzt, doch aus meinem Ziel, die Berge und deren Kulturen zu bereisen wurde ein Projekt, welches unweigerlich in ein Schema gepresst wurde. Daraus resultierten Diskussionen, ob die Höhe mancher Berge tatsächlich stimmen würde. Ehrlich gesagt war mir das immer egal. Ich habe mich an meine vorhandene Liste gehalten und wenn jemand im Urwald metergenaue Vermessungen vornimmt, dann soll das so ein.

Entstand dadurch nicht ein ungeheurer Druck im – ich nenne das jetzt einfach einmal – Rennen um die Erstbesteigung der „Seven Second Summits“ und dachten sie daran auch die anderen in Frage gekommenen Gipfel zu besteigen, so wie das Christian Stangl getan hat?

Hans Kammerlander: Nein, das habe ich mir nicht zum Ziel gesetzt. Am Beginn des Projekts habe ich Informationen eingeholt und mich vergewissert, welche Gipfel ich besteigen muss und werde. Während meiner Bergreisen wurde ich darüber informiert, dass manche davon in der Zwischenzeit durch Christian Stangl anders bemessen wurden. Für mich wäre es nicht zweckmäßig gewesen plötzlich zu ganz neuen und damals unbekannten Zielen aufzubrechen. Da hätte man mich danach gefragt, wo ich denn überhaupt gewesen wäre. Damals waren die Vermessungen noch nicht offiziell anerkannt und erst im Laufe der Zeit hat sich das verändert, aber dann soll das so sein. Mein Weg war klar vorgegeben und führte zu den damals anerkannten zweithöchsten Punkten der Kontinente. Und im Grunde hat om alpinistischen Standpunkt her, von den objektiven und technischen Schwierigkeiten, auch durch die Vermessungen kaum etwas verändert, weil es bei diesen Bergen nicht um extremes Bergsteigen geht. Was für mich zählt ist das Abenteuer und deswegen habe ich damals alle Berge laut meiner Liste abgeschlossen. Und wenn das jetzt jemand anders sieht und die Erstbesteigung der „Seven Second Summits“ für sich beansprucht, dann kann ich gut damit leben. Es gibt schon alleine bei der Abgrenzung der Kontinente zueinander verschiedene Meinungen und trotzdem streben viele Bergsteiger diesen Listen nach, die es zweifelsfrei gibt. Die gab es schon immer und auch jene, die sich penibel daran gehalten haben. Damit eröffnet man aber auch einen Wettlauf, den man dann mitunter auch bereit ist mitzuspielen. Wenn es aber gelingt auf einen Berg zu gehen und dabei auf eine Liste zu verzichten, dann bist du komplett befreit, dann kannst du mit dem Herzen losziehen. Das hätte ich eigentlich auch schon von Beginn an machen sollen, aber dieser Gedanke ist mir erst im Nachhinein geschossen. Jetzt aber bereise ich die Kontinente und suche mir ganz individuell meine absoluten Traumberge aus, ganz egal, welche Höhe sie haben. Und das kann mir dann auch kein Chronist nehmen.

(c) Archiv Hans Kammerlander

Ojos del Salado – 2. Gipfel 2009. Foto (c) Archiv Hans Kammerlander

Sie beschreiben in Ihrem Buch, dass Sie die Idee zu den „Seven Second Summits“ bereits 2001 im Abstieg vom K2 hatten. Wie ging es dann weiter?

Hans Kammerlander: Nach dem K2 habe ich mich nicht sofort auf das Projekt gestürzt, sondern da gab es einige andere, die mir, alpinistisch gesehen, sehr wichtig waren. Allesamt noch unbestiegene und wunderschöne Berge im Himalaya, wo ich mich ohnehin viel bewegt habe. Der Nuptse East war damals der noch höchste unbestiegene Berg der Welt. Um die zwanzig Expeditionen scheiterten zuvor kläglich und auch ich habe mich unwahrscheinlich in dieses Projekt hineingesteigert und bin schlussendlich zweimal gescheitert. Am Jasemba, einem matterhornähnlichen Berg in Nepal, war ich insgesamt drei aufeinanderfolgende Jahre dort, bis ich ihn nach zwei Fehlversuchen schließlich 2007 erstbegehen konnte. Erst nach diesen Projekten, die sehr viel Aufmerksamkeit brauchten, habe ich mich mit den „Seven Second Summits“ beschäftigt. Und vieles davon war für mich Neuland, was schlussendlich auch zu viel intensiveren Erlebnissen führte, als irgendetwas zu wiederholen. Bei diesem Projekt war der Weg noch frei und für mich unbeschrieben

Wann entstand für Sie dieser Druck, sich öffentlich zu diesen Fragen der Vermessung zu äußern?

Hans Kammerlander: Als Profibergsteiger bist du natürlich einem gewissen Druck ausgesetzt, das ist ganz klar. Die Wege und Ziele sind begrenzt und grundsätzlich nicht frei wählbar, weil man im Jahr zuvor noch nicht sagen kann, wohin sich die Szene im nächsten bewegen wird. Und wenn welche an einem Berg oder in einer Wand scheitern, dann wird das plötzlich dein neues Ziel. Weil sich dieser Herausforderung drücken, will man im Grunde auch nicht. Deswegen ist man als Profibergsteiger auch immer gesteuert, auch man sich das nicht gerne eingestehen möchte. Bei mir war das jedenfalls so. Als ich dann Fünfzig geworden bin, habe ich mir gedacht, dass ich etwas anderes machen möchte. Ich bin – abgesehen von meiner Verletzung durch den Unfall – sehr fit, besitze einen umfangreichen Schatz an Erfahrungswerte, die Zeit des Leistungskletterns ist für mich vorbei. Da dominieren heute die Zwanzigjährigen. Deswegen habe ich dann auch gesagt: So, den Wettlauf, den machen jetzt andere weiter. Ich lasse mich nicht mehr steuern. Ich möchte den Alpinismus einfach so betreiben, wie mir das zu einhundert Prozent Freude bereitet. Das war eine Befreiung! Zusätzlich wurde mir auch eine Tochter geschenkt, was zusätzlich dazu geführt hat, dass sich mein Leben änderte. Plötzlich war ein anderes Denken da: Ich konnte loslassen – das war ganz wichtig – und ich konnte weiter gehen und auch etwas durchatmen und das ist doch schön!

Die „Seven Second Summits“ sind sieben Berge, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Müssten Sie für das Projekt an einen der Berge zurück, welchen würden Sie noch einmal besteigen wollen?

Hans Kammerlander: Naja, Asien kenne ich inn- und auswendig. Egal ob in Pakistan, Tibet oder Nepal – da war ich schon so oft. Ich plane zwar keine Besteigung in der Antarktis, aber wenn ich müsste, dann würde ich ganz klar wieder dorthin zurückkehren. Dort scheint 24 Stunden lang die Sonne, die Luft ist unglaublich klar und die Landschaft ist wahnsinnig sauber. Am Mount Tyree, dem zweithöchstem Berg der Antarktis, würde ich ein Skiprojekt verwirklichen. Ich denke, dass sich dieser schöne Berg mit Skiern befahren lässt. Allerdings würde ich nicht mehr mit Christian Stangl dorthin, sondern mit Menschen, mit denen ich viele Jahre unterwegs war, zurückkehren – alpinistisch gesprochen, wie auch allgemein. Diese Zweckgemeinschaft war nicht so, wie ich mir das im Vorfeld vorgestellt hatte.

(c) Archiv Hans Kammerlander.

Scheitern am Mount Logan 2010 – Diese Spalte öffnete sich über Nacht und vereitelte den Gipfelversuch. Foto: (c) Archiv Hans Kammerlander.

Welche besonderen Erfahrungen konnten Sie an den „Seven Second Summits“ sammeln?

Hans Kammerlander: Einen ganz besonderen Zauber übte die Alpinlandschaft der Antarktis auf mich aus. Dort ist alles zeitlos. Man steigt Meter für Meter höher, die Sonne scheint tagein tagaus und irgendwann wird dir bewusst, dass du müde bist. Ein Blick auf die Uhr und es ist bereits drei Uhr morgens. Das hat mich schon sehr fasziniert. Die Gegend ist so anders, als das was ich bisher kannte. Du siehst keine Menschenseele und es gibt dort noch so viele unberührte Berge, an denen man nach Lust und Laune neue Linien suchen kann. Es ist sicher auch eine Gegend, die sich hervorragend für die Besteigung mit Skiern eignen würde. Und diese Kombination aus Bergsteigen und Skifahren, meinen beiden Hobbys, ist für mich das Maximum. Das hat mich schon seit meiner Jugendzeit fasziniert. Meine intensivsten Stunden am Berg überhaupt waren mit Sicherheit jene Skiabfahrten, die ich von den hohen Bergen unternommen habe.

Ihr aktuelles Bergprojekt ist die Besteigung der Matterhörner der Erde. Worum geht es Ihnen dabei?

Hans Kammerlander: Die Sache ist ganz einfach. Einerseits habe ich auf meinen Reisen immer wieder Berge entdeckt und andererseits wurde ich beim Durchblättern von Büchern auf andere Berge aufmerksam, die dem Walliser Matterhorn verblüffend ähnlich waren. Wenn mein einem Kind einen Stift in die Hand gibt und es auffordert einen Berg zu zeichnen, dann macht es zwei Striche und die Form des Matterhorns wird sichtbar. Das ist die ultimative Form für einen Berg. Ob es jetzt der Shivling in Nordindien ist, an dem ich bereits war, oder die Ama Dablam in Nepal. Sie alle habe eines gemeinsam: Sie sehen dem Matterhorn nicht nur ähnlich, sondern sie werden meist auch so genannt. Erst vor einigen Tagen habe ich ein japanisches Alpinbuch durchgeblättert. Da war ein Berg in Tibet zu sehen, der fast genau wie das Matterhorn aussieht und dort auch als Matterhorn bezeichnet wird. Ich habe gedacht: Das kann nicht sein. Auch beim Anblick des Matterhorns im russischen Kaukasus denkst du, wenn du das siehst, dass es das Original sein muss. In der Bildunterschrift steht aber: Matterhorn Russlands. Sie alle sind wunderschön, besitzen eine klassische Form und sie stehen kreuz und quer am Globus verteilt. Ich wollte auf all diese Berge steigen und das war der Anstoß zu dieser Idee. Ich war auch bereits am norwegischen Matterhorn, am Walliser sowieso, in Indien und in den Rocky Mountains im letzten Jahr. Wenn ich wieder fit bin, möchte ich auf das russische Matterhorn gehen. Es wird im Herbst einen ersten Teil als Vortrag zu sehen geben und danach werde ich noch weitere ähnliche Berge aufsuchen und einen zweiten Teil daraus machen. Alle Matterhörner in einen Vortrag zu packen wäre eine schnöde Aufzählerei, die mir nicht liegt. Die Menschen sollen auch das Rundherum sehen und eine schöne Geschichte erleben dürfen. Für mich ist es einfach verlockend, den Zusehern schöne Berggestalten zu zeigen. Bergsteigen ist zwar mein Hobby, aber nicht nur. Schließlich ist es seit vielen Jahren auch mein Beruf. Und deswegen ist es mir auch wichtig eine lockende Idee in meine Vorträge zu bringen, denn die Idee ist ja schließlich auch das Wichtigste. Es trennt jene, die schwere Routen klettern können von jenen, die kreative und interessante Geschichten zu erzählen haben. Es bringt meiner Meinung nach nichts, in eine Wand einzusteigen, wo bereits zehn Routen existieren und daneben noch eine schwierigere zu eröffnen. Das mag eine super Leistung sein, aber da kommt das Publikum einfach nicht mit. Ich bin gemütlicher geworden und möchte meine Bergideen den Bergfreunden präsentieren.

Haben Sie sich als Jugendlicher jemals erträumt, dass Sie Ihr Hobby in diesem Umfang ausüben können? 

Hans Kammerlander: Nein, auf keinen Fall. Mein großer Traum in der Jugendzeit war es,  Bergführer und Skilehrer zu werden. So konnte ich meine frühe Leidenschaft als Beruf ausüben, was mich einfach nur glücklich gemacht hat. Und durch einige Zufälle bin ich zum Profibergsteigen gekommen. Die Bekanntschaft zu Reinhold Messern, in dessen Alpinschule ich als ganz junger Bergführer gearbeitet habe, hat mir ermöglicht, neue Türen zu den hohen Bergen zu öffnen. Damit hat sich auf einen Schlag alles geändert. Der Wettlauf hat auch für mich begonnen und die Bergführerei war nur noch zweitrangig. Zuerst habe ich das gar nicht gemerkt, denn es ging so schnell. Plötzlich war ich mittendrin und das Rad hat sich zu drehen begonnen. Man wird fanatisch, ich glaube sogar ein bisschen süchtig nach dieser Art des Bergsteigens. Und es ist alles andere als leicht. Im Gegenteil, auf diese Art seinen Lebensunterhalt zu verdienen ist ein unbeschreiblich hartes Brot. Einerseits ist es natürlich riskant, denn ohne Risiko läuft gar nichts und andererseits ist alles so schnell. Du bist dann auch nicht mehr frei, denn nach einzelnen Projekten musst du dich der Öffentlichkeit auch stellen oder dir mitunter auch anhören warum du dieses und nicht jenes Ziel gewählt hast. Du probierst dich an irgendwelchen Bergen und plötzlich bist du Teil dieser Welle. Es ist ganz klar, dass dich niemand zwingt. Man macht es freiwillig, aber wenn ich zurückblicke, dann habe ich viele Jahre nur die Wände und die Gipfel gesehen und nicht das, was daneben liegt. Die Ziele waren stets extremer Natur und brauchten entsprechend viel Aufmerksamkeit. Beim Aufbruch zu einer Expedition war ich in Gedanken meist schon irgendwo oben in den Wänden und diese Gangart habe ich dann, wie gesagt, mit Fünfzig revidiert. Ich wollte die Landschaften genießen und in die Kulturen eintauchen. Da hatte ich einfach Nachholbedarf. Meine Traumziele sind mir mehr oder weniger gelungen und jetzt kann ich befreit bergsteigen ohne es zu müssen.

Wenn die Verletzungen geheilt sind, welchen Berg werden sie zuerst aufsuchen?

Hans Kammerlander: Ich strebe es an, im Juni oder Juli auf das russische Matterhorn zu steigen. Ich hätte die Besteigung mit Skiern angepeilt, aber das geht jetzt einfach nicht. Wenn ich mich nicht darauf vorbereiten kann, dann hat das keinen Sinn. Eine gute Vorbereitung war mir immer und bei jedem Projekt wichtig. Ich gehe nicht unvorbereitet auf etwas zu, das habe ich nie gemacht. Und deswegen werde ich hinauf und hinunter gehen und das Ganze, wenn es sich anbietet, mit einer Überschreitung verbinden. Damit ist der erste Teil der Matterhörner fertig. Ich werde es dann dem Publikum vorstellen, denn es sind die schönsten Berge, die ich bisher zeigen konnte.

Wir danken fürs Gespräch.

 

Seven Second Summits

Man versteht darunter die jeweils zweithöchsten Berge der sieben Kontinente, wobei es hier unterschiedliche Ansichten gibt. Einerseits ist die Grenze Asiens zu Europa nicht eindeutig festgeschrieben (während die einen den Kaukasus zu Europa zählen, meinen andere wiederum, dass in den Alpen die höchsten Gipfel Europas stehen würden) und andererseits ist die Frage um Australiens höchsten Berg nicht geklärt.

Wenn man Ozeanien hinzurechnet, so findet man auf auf in West-Papua weit höhere Berge als am roten Kontinent.Trotz aller Unklarheiten gilt die Besteigung dieser Gipfel als alpinistische Herausforderung, da diese meist schwieriger zu besteigen und mit erheblich höheren Aufwand zu erreichen sind als die höchsten Berge der Kontinente, die „Seven Summits“.

Hans Kammerlanders Erfolge an den Seven Second Summits:
2001 – Asien: K2 (8611 m)
2009 – Südamerika: Ojos del Salado (6893 m)
2009 – Afrika: Batian/Mount Kenia (5199 m)
2010 – Europa: Dychtau (5204 m)
2011 – Ozeanien/Australien: Puncak Trikora (4750 m)
2012 – Antarktis: Mount Tyree (4852 m)
2012 – Nordamerika: Mount Logan (5959 m)

[cetabo_map id=’1′]

7 Kommentare

  1. Daniel
    11. September 2014

    Nochwas:
    An Gerald:

    Eine Diskussion über die „Messner“ oder „Bass“ Liste (Einteilung der Kontinente) anzuregen, ist überflüssig. Herr Kamerlander strebte die „Messner“ Liste an, da er den zweithöchsten Gipfel in West Papua zu besteigen versuchte. Besser wäre es gewesen, er hätte den Mt. Townsend in Australien bestiegen, dann wäre er zumindest erster nach der Bass Liste gewesen. So hat er im Grunde keine der beiden Listen abgeschlossen. Aber egal…
    Auf die Messungen von Herrn Stangl kann ich aber auch gerne verzichten, denn jeder Hauptschüler kann auf google maps oder irgendeiner digitalen Karte die Höhenlinien von Mandala und Trikora abzählen und….oh Wunder ist die Mandala höher. Über den Sumantri haben sich die Wikipedianer schon ausgelassen
    :
    http://de.wikipedia.org/wiki/Seven_Second_Summits

    Für Herrn Kamerlander dürfte das aber alles irrelevant sein, den Gipfel der Trikora offensichtlich laut video auch verfehlt zu haben wirft ihn zurück auf einen Seven Second Summits Anwärter Status. Er ist aus dem Wettlauf nicht ausgebrochen, er hat ihn abgebrochen.

    Reply
  2. Daniel
    11. September 2014

    Danke an Hosi für dieses Video.

    https://www.youtube.com/watch?v=-ncZ60YGYsE

    Falls Hr. Kammerlander oder irgendjemand hier glaubt das dieses Video ihn am Gipfel des Berges Puncak Trikora zeigt, den muss ich leider enttäuschen. Die Trikora ist von Wamena leicht und schnell zu machen. Der Berg schaut von Norden sehr steil und schroff aus. Fast ein bisschen entäuschend der Gipfel, denn am Gipfelplateu kann man fast Fußball spielen, so flach ist es dort. Zumindest halt auf der Südseite. Norden ist eh steil. Irgendwer hat einen Steinhaufen dort aufgetürmt, eine Blechtafel mit Puncak Trikora und einem indonesischen Spruch liegt auch dort.

    Da sehe ich nach der Mount Logan Affaire schon wieder schwarze Wolken für Herrn Kammerlander aufziehen.

    Reply
  3. Gerald
    27. August 2014

    Liebe Angela, lieber Joe, lieber Hosi!

    Vielen Dank für eure Kommentare. Nun, ob Hans Kammerlander als erster Mensch auf den Second Seven Summits gezählt werden darf oder nicht, hängt von der Sichtweise ab. Zu allererst, ob man dem Gipfel des Sumantri ausreichend Prominenz für einen eigenständigen Gipfel zuspricht (siehe aktuelle Diskussionen über neue Achttausender: http://bit.ly/1tCHPzm). Zum anderen müsste man klären, ob nun die gemessene Höhe von Stangl am benachbarten Puncak Mandala nun bestätigt wird und jener somit, als der Zweithöchste Ozeaniens betrachtet werden darf.

    Sollte das der Fall sein, so stellt sich immer noch eine nicht geklärte, aber von Bergsteigern weitreichend akzeptierte Ansichtssache: Ist Ozeanien gemeinsam mit Australien als Kontinent zu begreifen, dann sind die Gipfel in West-Papua als die höchsten zu identifizieren. Würde man Australien als eigenen Kontinent sehen und Ozeanien zu Asien dazu zählen, würden schlagartig andere Gipfel an Wichtigkeit erlangen. Hier waren sich einst schon Messner und Dick Bass uneinig: http://bit.ly/1lvMDG1
    Gleiches gilt im Übrigen auch für Europa (Mt. Blanc versus Elbrus) bzw. ist auch hier die Frage individuell beantwortbar, wo man die Grenze Europas zu Asien zu ziehen vermag.
    Aber wie bereits eingangs erwähnt, gibt es eine unter Bergsteigern weltweit breit akzeptierte Sicht über die Grenzziehungen bzw. die Verortung der Seven Summits und damit auch der Second Seven Summits. Doch ob die Kritiker Kammerlanders recht haben und er selbst nicht am Gipfel stand, dass weiß vermutlich nur Hans Kammerlander selbst und sein Begleiter.

    Liebe Grüße,
    Gerald

    Reply
  4. Hosi
    27. August 2014

    Hans Kammerlander gilt als …einer der ersten Menschen,… dem es gelungen ist, alle zweithöchsten und selektiveren Berge der Kontinente besteigen zu können……….

    War er nun der Erste oder doch nicht???

    Stimmt es, dass der Puncak Trikora Gipfel auch getürkt war?

    https://www.youtube.com/watch?v=-ncZ60YGYsE

    Bitte mehr investigativen Journalismus bitte!
    Danke!

    Reply
  5. angela
    27. August 2014

    Lieber Joe,

    Hans Kammerlander IST ja dort vermerkt, aber eben als einer der die Liste der seven second summits NICHT vollendet hat.

    Auch hier kann ich seinen Namen nirgends finden:

    http://www.guinnessworldrecords.com/world-records/6000/first-person-to-climb-the-second-seven-summits

    Reply
  6. Joe
    25. Mai 2014

    Warum soll das überhaupt vermerkt werden?
    Dann müsste man ja grundsätzlich JEDE Tour eines jeden Menschen dort vermerken … ;-)

    Reply
  7. angela
    9. Mai 2014

    Warum steht Herr Kammerlander mit seinen “Seven Second Summits” eigentlich nicht in der Alpinchronik?

    http://www.8000ers.com/cms/en/download.html?func=startdown&id=227

    Puncak Trikora ist eben NICHT der zweithöchste Berg von Ozeanien, abgesehen davon dass er den Gipfel dort, wie schon am Mt.Logan zuvor, auch verfehlt hat. Das weiß Herr Kammerlander, siehe

    http://www.spiegel.de/reise/aktuell/hans-kammerlander-zweifel-an-seven-second-summits-a-827217.html

    Reply

Hinterlasse eine Antwort


× vier = 20