Klettern in und um Bergen – wenn der Sommer zu Besuch in Norwegen ist

Klettern in und um Bergen – wenn der Sommer zu Besuch in Norwegen ist

Bergen, eine Stadt die sonst eher bekannt ist für jede Menge Regen (ca. 2200 mm/Jahr), und die damit verbundenen Rekorde (regenreichste Stadt der Welt, längster durchgehende Regenperiode, größter Regenschirm Umsatz… oder so ähnlich). Normalerweise spar ich mir einen Zahlenvergleich vom Wetter hier mit jenem zuhause, aber der Sommer 2014 ist schon sehr verlockend, da mal eine Ausnahme zu machen. In ganz Skandinavien war es ein historischer Sommer mit beständigem Sonnenschein, Temperaturen über 30 Grad und kaum Niederschlag! Kurzum, es war der perfekte Sommer um mich mit den Klettermöglichkeiten in Bergen bekannt zu machen. Entlang der Küste, in den Felswänden der Stadtberge oder den vorgelagerten Inseln gibt es insgesamt gibt es 47 Klettergärten mit 900 großteils versicherten Routen.

Sotra & Øygarden – Routen hoch ober der Gischt

Sotra ist die größte der Inseln westlich von Bergen und ist mit einer beeindruckende Brückenkonstruktion mit dem Festland verbunden. Und nochmal ein meteorologisches Zahlenspiel: Auf Sotra regnet es im Durchschnitt nur halb soviel wie in Bergen! Das verdanken wir den 7 Stadtbergen, welche die Wolken dazu zwingen, sich über dem beschaulichen Städtchen zu ergießen, während es nur 30 km westlich trocken bleibt. Die Landschaft auf der Insel ist geprägt vom Wind der hier tagein tagaus vom Meer aufs Land weht, denn es gibt fast keine Bäume oder Berge, die ihn zurückhalten könnten. Heidekraut, Wollgras und Heidelbeeren fühlen sich auf dem moorigen, teils felsigen Untergrund trotzdem wohl.

Bernadette Pree

Wollgras am Weg entlang zum Kletterfelsen.

Bernadette Pree

Ein lila Teppich von Heidekraut, welches zuhause meist als Friedhofsbehübschung Verwendung findet.

Nördlich von Sotra,  liegt Øygarden (Inselgarten), bestehend aus ca. 450 Inseln und fast so vielen Klettermöglichkeiten. Da meine Kletterkünste eher bescheiden sind und die meisten Routen in Bergen im oberen Schwierigkeitsbereich angesiedelt (7 aufwärts) sind, bin ich froh um Atlantis, ein Klettergebiet, das viele Routen rund um den 5ten Schwierigkeitsgrad und jede Menge guter Griffe und Leisten für die Beine verspricht und hält. Die Routen dort sind etwa 12-15 Meter lang, die Wand ist wegen der vielen Rillen sehr anfängerfreundlich und es müssen keine Überhänge überwunden werden. Zusätzlich zu diesen Attributen, lohnt sich ein Besuch von Atlantis schon wegen der unglaublich schönen Lage: direkt am offenen Atlantik, die Wellen peitschen gegen die Felsen und in der Luft liegt der Geschmack vom Meer.

Bernadette Pree

Atlantis, klettern mit Meeresblick.

Bernadette Pree

Genussklettern im Øygarden nordwestlich von Bergen.

Bernadette Pree

Ausblick auf ein paar der 450 Inseln vor Bergen.

Gar nicht weit von Atlantis liegt Gjøkeredet, ein Klettergarten an einem See. Die Routen erstrecken sich vom 5ten bis 7ten Schwierigkeitsgrad und sind bis zu 15 Meter lang. Wer Abkühlung braucht, kann sich auch an die Boulderroute “Sommerbad” wagen, welche mit einem Sprung ins kühle Nass beendet wird. In Gjøkeredet gibt es auch einige überhängende Passagen (6- bis 7-), mit Toprope genau richtig für mich, um zu spüren wie es um meine Muskelkraft steht.

Bernadette Pree

Gjøkeredet mit Routen von 5- bis 7-, rechts im Bild die Passage mit “Dachl”.

Bernadette Pree

Melone und Feta als Stärkung zwischendurch. Mit klebrigen Fingern klettert es sich gleich noch besser.

Bernadette Pree

Gjøkeredet liegt an einem See. Leider darf man nur im Meer ohne Lizenz fischen, hier nicht. Dafür ist der See warm genug zum Schwimmen.

Bernadette Pree

Vielversprechende horizontale Leisten, sie sind super für die Beine, aber weniger für die Hände, eine klassische Anfängerproblematik.

Wer lieber höher hinaus und schwierigere Routen will, dem sei Fiskesleppet ganz im Süden von Sotra, zu empfehlen. Bei dem Zustieg sind Gummistiefel ratsam, da es durch einen Sumpf geht. Später aber, findet man wunderbare Felsen mit bis zu 23 m Höhe und Routen (selbst abzusichern) bis zum 8en Schwierigkeitsgrad UIAA. Fiskesleppet liegt am Nordsjøløypa, einem Wanderweg entlang der Küste, falls noch Kräfte übrig sein sollten nach dem Klettern.

Helleneset – Klettern in Zentrumsnähe

Wenn die Tage kürzer werden, dann bleibt oft nicht mehr Zeit, als ein Gebiet in der Stadt aufzusuchen. Helleneset liegt 6 km nördlich vom Stadt Zentrum und seinen berühmten Holzhäusern und ist einfach mit Bus, Auto und Fahrrad zu erreichen. Das ist auch der Grund, warum es dort oft überfüllt ist und es schwer ist, eine passende Route zu finden, welche auch frei ist. Wer eine Fischerangel hat kann mögliche Wartezeiten mit Makrelen fischen überdauern, den Fang gleich grillen, oder man lässt einfach die Seele beim Blick aufs Meer baumeln.

Bernadette Pree

Bryggen, die Sehenswürdigkeit von Bergen. Klettern geht gleich in den Felsen dahinter, oder in nächster Umgebung.

Bernadette Pree

Helleneset, Sonnenbank und Kletterfels in Einem.

Bernadette Pree

Ausblick auf 3 der 7 Stadtberge von Bergen: Løvstakken, Damgårdsfjellet, Lyderhorn (von links nach rechts).

Kletterhallen für die Regentage

Mittlerweile ist die Regenzeit wieder angebrochen in Bergen, und das Klettern hab ich nach drinnen verlegt. Auch wenn es dort keinen Meerblick, keine Abkühlung im kühlen Nass und auch weniger gute frische Luft herrscht, kann man in Bergen auch gut drinnen klettern. Die Studenten-Sportstätten Lehmkulhallen und Fantoft (mit Sauna!), sowie Bergenshallen haben Boulder und Kletterwände. Bryggeriet (ehem. Brauerei) ist ein Boulderspot mit 400 m2, der mit Hilfe von Crowdfunding erst 2014 eröffnet wurde. Zu beachten ist allerdings, dass in Norwegen die sogenannte „Brattkort“, ein Nachweis, dass man die Grundkenntnisse des Sicherns beherrscht, benötigt wird.

Bernadette Pree

Der Kletterführer für Bergen kann entweder online (150 NOKs im Jahr) oder im Buchformat (350 NOKs) erworben werden und ist eine lohnende Investition.

6 Kommentare

  1. Max Olesko
    13. November 2014

    Thank you all!
    Funny Bernadette’s link is in English and Thijmen’s in German, though your comments are the exact opposite language :)

    I dont get Beals Marketing fully to be true, no one should ever fall into his “belay” (how do you say, isnt there a better word?)!
    Anyway, 9,5 kN is also way higher than the green thumb signalizes. Its not a force that is ok for everyone and should not be risked willingly.

    And dont forget knots increase the dynamic capabilities btw especially the barrel not which would be used instead of the sewn eye.
    But knots do not sell to well… ;)

    But its great to have so much gear choices these days, isnt it?

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    • Thijmen
      18. November 2014

      Haha, yes Max, there is a multilingual situation here :)

      You are right, you should never fall in your anchor. If the anchor and material will hold you will end up with a serious injury, and if the anchor fails… Of course you should never fall, but if for some reason you do, this piece of cord will make it more comfortable and will actually hold.

      Interesting point about knots. They will indeed absorb energy, just like a dynamic rope, but turn this energy into heat. Possibly damaging the (static) material. I sense you know this already ;) But maybe for an other interested reader; DMM did some testing in this field, have a look at the results: http://dmmclimbing.com/knowledge/how-to-break-nylon-dyneema-slings/

      Interesting as well:
      http://dmmclimbing.com/knowledge/slings-at-anchors/
      http://dmmclimbing.com/knowledge/knotting-dyneema-vid/

      I agree, good to have so many options! And I’m sure there will be more innovative things coming up :)
      Which option do you prefer?

      Reply
  2. Max Olesko
    11. November 2014

    Sehr stimmungsvolle Bilder, danke!
    Darf ich fragen was das vernähte Dynamikseilstück ist?
    Ein Ypsilon, oder ein Cowtail? Ich nehme mal an zur Selbstsicherung?
    Ist das in Norwegen üblich?
    Danke!
    Max

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    • Gerald Radinger
      11. November 2014

      Sehr aufmerksam :) – das wird dir Bernadette beantworten.

      Reply
    • Bernadette Pree
      11. November 2014

      Hi Max! Wirklich sehr aufmerksam. Das Teil heisst Dynaconnexion und ist von Beal, http://www.bealplanet.com/2014/anglais/longe-dynaconnexion.html.
      Es ist nicht üblich in Norwegen, aber in den Niederlanden, das ist eine längere Geschichte ;) Der Vorteil gegenüber einer normalen Schlinge, ist dass es eben dynamischer ist und deswegen weniger Kraft beim Sturz zusammenkommt.
      Lg, Berna

      Reply
    • Thijmen
      11. November 2014

      Its the Dynaconnexion from Beal, indeed used as a Selbstsicherung. Have a look on their website: http://www.bealplanet.com/2014/allemand/longe-dynaconnexion.html

      Because of using dynamic rope, without knots, even with a fall factor 2 the impact force is only 9,5Kn. Its very convenient with abseiling as well.

      Gruss,
      Thijmen

      Reply

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