Alpine Vereine fordern mehr Geld
Sicherlich hat jeder schon einmal die wunderbare Bergwelt Österreichs besungen, nicht zuletzt durch die beginnenden Worte der hiesigen Bundeshymne. Wirft man dabei noch einen Blick auf die Tourismuswerbung, also dorthin, womit das touristische Zielland Österreich möglichst vielen Urlaubern angepriesen werden soll, wird auch dieses Bild beschworen. Beispielsweise wirbt die Österreich Werbung gerne mit romantisch verklärten Sujets der Bilderbuch-Berglandschaft zwischen Zillertal und Kitzbühel – metaphorisch gesprochen. Der Ursprung dieser Darstellungen mag in der erfolgreichen Entwicklung des Wintertourismus im 20. Jahrhundert und der Suche nach entsprechenden Auslastungsmöglichkeiten der Unterkunftsbetriebe während der Sommersaison liegen.
Die erst kürzlich initiierte Aktion zur positiven Ankurbelung des heurigen Sommertourismus “Jetzt.Österreich” wirbt gleich mit mehreren und ausschließlich naturbezogenen Themen. So verspricht der Werbetext das Erleben von “intensiven Glücksmomenten”, selbstverständlich bei einer Buchung für eine “Wanderung hoch oben in den Alpen” oder “beim Sonnenaufgang auf der Alm”. Die dazugehörigen Bildsujets sprechen die gleiche Sprache, wenn z.B. der Schafberg im oberösterreichischen Salzkammergut oder die sich im Bergsee spiegelnden Gipfel für die Erschaffung von Stimmungen und dem Verlangen danach herhalten müssen. Die Tourismuswerber wissen was bei den Kunden gut ankommt und die Zahlen stimmen – wenn man den Quellen glauben schenken darf – auch. Laut einer aktuellen Pressemeldung (23.08.2013) des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend konnten mehr Nächtigungen “als je zuvor” verbucht werden. Der neue “Gästerekord” ließ die Anzahl der Nächtigungen um 0,3 % auf 31,4 Millionen ansteigen. Weiters gibt der entsprechende Minister des Ressorts, Mitterlehner, auch einen Ausblick auf weitere notwendige Impulse, um die Tourismuswirtschaft nachhaltig zu stärken. “Viel wichtiger ist es, Betriebe als Partner zu unterstützen, Hürden abzubauen und die unternehmerische Freiheit wieder zu erhöhen”, so der Bundesminister.
Der aktuelle Schwerpunkt in der Tourismusförderung wurden in einem Aktionsplan, der sogenannten “Tourismusstrategie” des Bundesministeriums festgesetzt und am 26. Februar 2010 von Minister Mitterlehner in Innsbruck präsentiert. Diese Strategie konzentriert sich auf drei Regionen (USP bzw. Alleinstellungsmerkmal im Marketingjargon), die nicht weiter überraschen: Alpen, Donau & Seen, Städte & Kultur. Beim letztenPunkt dürften vor allem die ehemaligen Residenzstädte Wien und Salzburg gemeint sein. Von aktuellen Herausforderungen und nachhaltigen Lösungsvorschlägen ist die Rede in dieser Strategiepräsentation. Wirft man einen Blick auf die konkreten Maßnahmen zur Stärkung des Tourismusstandortes Österreich im Bereich des USP Alpen, liest man an oberster Stelle die Forderung, dass die Basisförderung der alpinen Schutzhütten weiter fortgeführt wird.
Noch in den 70er Jahren wurde das Konzept des “Wanderbaren Österreich” und damit der “besten Slogan der Österreich Werbung (ÖW) aller Zeiten” entwickelt – so das brancheninterne Fachmagazin “Tourismuswirtschaft Austria International“. Begleitend dazu wurde im Bereich der Qualitätssicherung im Wandertourismus eine eigene Ausbildung in Kooperation mit dem Verband alpiner Vereine Österreichs – kurz VAVÖ – zum zertifizierten Wanderführer ins Leben gerufen und bis heute weiter entwickelt. Ziel der auch vom Ministerium zertifizierten Ausbildung war und ist es Wissen und Kenntnisse von “erlebnisreichen” Wanderungen an Interessierte und Touristiker weiterzugeben, um nicht zuletzt dem Urlauber ein einprägsames und vor allem sicheres Wandererlebnis zu garantieren.
Nun prangert just jener Verband, der in den 70er Jahren bei diesem Tourismuskonzept mitwirkte und unter dem die alpinen Vereine, wie etwa der Österreichische Alpenverein (OeAV), die Naturfreunde Österreich oder der Österreichische Touristenklub (ÖTK), zusammengefasst sind, federführend mit einer aktuellen und großangelegten Petition mit dem Titel “Pro Hütten und Wege” die Kürzungen der Bundesförderungen zur Pflege und Erhaltung der alpinen Infrastruktur an. “Einerseits ist 2011 eine Sonderförderung ausgelaufen, andererseits sind Budgetkürzungen im Wirtschaftsministerium schlagend geworden. Das essentielle ist aber auch die Inflation – der Baukostenindex beträgt seit 1992 etwa 190%, es wurden keine Anpassungen durchgeführt. Wir sind daher jetzt auf einem Stand von 1991″, so Rudolf Kaupe, Geschäftsführer des VAVÖ.
Interessenten bzw. potenzielle Unterstützer können auf zahlreichen Hütten oder den Webauftritten der alpinen Vereine, sowie auf der eigens dafür eingerichteten Seite petition.prohuettenundwege.at ihre Unterschrift abgeben. Auch den Boulevard hat das Thema bereits erreicht. Interessant ist allemal die Tatsache, dass das die Hütten und Wege zu einer “nationalen Identität” geworden sind, “mit dem ‘Wanderbaren Österreich’ identifizieren sich nicht nur die österreichischen Wanderinnen und Wanderer, auch ausländische Gäste schätzen die Stützpunkt- und Orientierungsfunktion der alpinen Infrastruktur”, so Kaupe.
Wirft man einen Blick auf die Förderungs- und Subventionskultur in Österreich, so kann man feststellen, dass vor allem Landwirte, aber auch Industriebetriebe mit ungleich größeren Summen aus den Fördertöpfen der Republik rechnen dürfen. In der offiziellen Presseaussendung der Petitionsbetreiber wird auf die Volksoper Wien und dessen Fördersumme von 38 Millionen Euro verwiesen, wohingegen die alpinen Vereine für die Sanierung und den Betrieb der alpinen Schutzhütten, sowie für die Erhaltung des alpinen Wegenetzes im Moment 1,5 Millionen Euro zugesprochen bekommen. Zu wenig, sagen die alpinen Vereine und trotz alledem, so Kaupe, “sind wir mit unser Forderung einer Erhöhung der Fördersumme auf 4 Millionen jährlich nicht maßlos, sondern akzeptieren die Sparzwänge des öffentlichen Haushaltes und wollen mit dieser Aktion lediglich eine Anpassung auf das heutige Niveau erreichen”.
Genauer betrachtet wird sichtbar, dass sich im Verband alpiner Vereine Österreichs mit insgesamt 475 alpinen Schutzhütten mit rund 25.000 Schlafplätzen, nicht nur die größten Beherbergungsbetriebe des Landes vereinen, sondern mit 50.000 Kilometer eines zu betreuenden Wegenetzes auch eine neue kulturelle Dimension im Diskurs eröffnen – die des gesicherten und genussreichen Wanderns. Rudolf Kaupe erklärt seinen Standpunkt und spricht von einer Win-Win Situation: “Wir müssen verdeutlichen, dass jeder Euro gut investiertes Geld in die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung und das Wohlergehen der heimischen Wirtschaft ist”. Der Geschäftsführer des VAVÖ ist davon überzeugt, dass die Schäden für den Sommertourismus durch das Verschwinden der Hütten und Wege dramatisch wäre: “Die Folgen wären eine weiter fortschreitende Abwanderung”.
So bleibt zu hoffen, dass ich eine breite Öffentlichkeit dieser Petition mit einer Unterschrift anschließt, denn verglichen mit weiteren Fördertöpfen, wie etwa jenem der Salzburger Festspiele, die im Jahr 2012 mit 13,5 Millionen Euro subventioniert wurden, beläuft sich die Forderung der alpinen Vereine auf weniger als ein Drittel davon. Im gleichen Jahr wurde während der Festspielzeit mit 2,5 Millionen Nächtigungen “das beste touristische Ergebnis aller Zeiten” konstatiert. Laut Statistik Austria konnten 2012 im gesamten Bundesgebiet 131 Millionen Nächtigungen verzeichnet werden. Grund genug den größten Beherbergungsbetrieben Österreichs, den alpinen Vereinen, kräftig unter die Arme zu greifen.
Prominente Unterstützer wie etwa die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner oder Bundespräsident Dr. Heinz Fischer – selbst ein passionierter Wanderer und ehemaliger Vorsitzender und nun Ehrenpräsident der Naturfreunde Österreich – konnten bereits für die Aktion gewonnen werden. Bei den Initiatoren jedenfalls gibt man sich optimistisch und zuversichtlich, dass der “Steuerzahler und auch das Wirtschaftsministerium den Wert der Infrastruktur im ‘Land der Berge’ besonders schätzen”, so Rudolf Kaupe.
petition.prohuettenundwege.at (Die Aktion läuft noch bis Mitte September)
Alle Logos sind durch die jeweiligen Eigentümer rechtlich geschützt und wurden von Forward.cc im Rahmen dieser Petition grafisch aufbereitet und hier verwendet. Der Autor dieses Artikels ist freiberuflich im Ausbildungswesen des VAVÖ tätig.